Mein Fazit nach einem Jahr Selbständigkeit

von | 16.07.23 | Persönliches | 4 Kommentare

Erstaunlich, wie normal sich ehemalige Träume anfühlen, wenn sie Realität geworden sind.

Schon damals als ich in der 7. Klasse voller Bewunderung die so erwachsenen Abiturient:innen angehimmelt habe, dachte ich mir: “Abitur, wie soll ich das jemals schaffen?”. Die Schuljahre vergingen und eines Tages saß ich dann doch mit Glückbringer an einem Einzeltisch, um die Abiturprüfungen in Mathe, Kunst, Erdkunde und Englisch hinter mich zu bringen. Meine Aufregung hielt sich wirklich in Grenzen und die Abi-Note war exakt der unspektakuläre Jahrgangsdurchschnitt: 2,2.

Warum erzähle ich das? Ich muss gerade daran denken, weil ich erst diese Woche wieder einen kleinen Meilenstein in meinem Leben erreicht habe, von dem ich noch vor Kurzem geglaubt habe, dass es eine riesige Hürde wird, den zu erreichen. Ich spreche von meinem ersten Jahr in der Selbständigkeit.

Ich habe vor ungefähr 5 Jahren unter Tränen festgestellt, dass ich etwas Eigenes haben möchte. Auch während meiner Anstellungsverhältnisse musste ich so oft sehnsüchtig an die Freiheiten einer Selbständigen denken: keine Vorgesetzten, freie Zeiteinteilung, Aufgaben, die Spaß machen und generell einfach mein eigener Chef sein.

Aber damals war es genau das: Eine ferne Sehnsucht. Ein Traum, den sich andere erfüllen, aber ich doch nicht. Wie soll das auch gehen?! Womit? Wann? Und überhaupt die Rente und so.

Heute – im Juli 2023 – blicke ich doch recht erstaunt auf die vergangenen 12 Monate. Ich habe es geschafft und bin vor einem Jahr in die volle Selbständigkeit gegangen. Natürlich war das nicht nur traumhaft und schon gar nicht “easy-peasy”. Aber doch fühlt sich das heute so selbstverständlich an, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, welche Ängste und Befürchtungen mich jahrelang davon abgehalten haben.

Zur Feier des Tages möchte ich für dich – und auch irgendwie für mich – die Etappen des letzten Jahres festhalten.

Lies in diesem Artikel meine Kurzfassung dazu, was ich so gemacht habe in den letzten Monaten.

Oder scrolle direkt zu meinem Fazit nach einem Jahr Selbständigkeit. 😎

Wie es zu meiner Selbständigkeit kam

Ich habe schon vor einigen Jahren erkannt, dass in meinen bisherigen Jobs wenig Platz für meine Werte ist. Durch eigene positive Erfahrungen und absolute Begeisterung für Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung habe ich eine Coachingausbildung gemacht.

In meinem letzten Anstellungsverhältnis habe ich eine nebenberufliche Tätigkeit als Coach angemeldet. Mein Plan war ursprünglich neben meiner (Teilzeit-)Anstellung als Prozessmanagerin hin und wieder zu coachen und langsam zu gucken, wo es hingehen soll.

Das “Schicksal” hat mir dann einen besonderen Ar***engel vorbeigeschickt, sodass ich mich für die Beendigung meines Arbeitsverhältnisses entschied.

Da saß ich nun mit dem deutlichen Wink, dass es jetzt wohl Zeit ist, die Selbständigkeit auszuprobieren. Ich habe aus der Arbeitslosigkeit heraus mit Gründungszuschuss gegründet und mich im Juli 2022 voll selbständig gemacht.

1. Monat: Los geht’s!

Im ersten Monat nach Anmeldung meiner Selbständigkeit hatte ich noch den Antrag zum Gründungszuschuss einzureichen. Neben Business- und Finanzplan mussten diverse andere Dinge mit eingereicht werden, sodass ich echt ordentlich beschäftigt war.

Parallel ging meine erste richtig designte Website an den Start (Danke an die liebe Madlen Klemm ❤️). Auch das ist weit mehr Arbeit als ich anfangs geglaubt habe.

Und weil das ja noch nicht reicht, habe ich mich mit der Einrichtung meines Newsletter-Tools beschäftigt (Dank wirklich gutem Onlinekurs dazu war das echt schnell erfolgreich).

Was hier in drei Sätzen abgehandelt ist, waren Stunden und Wochen Arbeit gepaart mit jeder Menge innerer Hürden. Auf dem Weg der Selbständigkeit begegnen einem nämlich sämtliche Selbstwertthemen in allen Facetten. Allem voran die Angst vor Sichtbarkeit und das Impostor-Syndrom.

2. Monat: Behördenkram & Reisevorbereitungen

Wer sich selbständig macht, muss nicht nur Dinge mit dem Finanzamt klären, sondern auch mit Rentenversicherung und Krankenkasse. Zum Glück funktionieren deren kostenlose Beratungsangebote super, sodass das schnell erledigt war.

Weil ich zu meinen bestehenden Fotos auch Fotos von mir im Freien haben wollte, habe ich mein zweites Business-Fotoshooting gemacht. Im Nachhinein war das vielleicht ein bisschen Edel-Prokrastination und Perfektionismus, aber Roxana hat wieder wirklich schöne Fotos gemacht.

Nebenbei haben wir unsere zweimonatige Reise im September und Oktober vorbereitet. Ich wollte nämlich meine Selbständigkeit auch dazu nutzen, völlig frei zu entscheiden, wann und von wo ich wie arbeite.

3. & 4. Monat: Digital-Nomadin

Diese zwei Monate haben wir für unsere lang geplante Reise entlang der Küste Westeuropas genutzt. Wir sind mit vollgepacktem Auto von Berlin einmal quer zur westfranzösischen Atlantikküste gefahren und haben mit vielen Zwischenstopps auf Zeltplätzen, bei Freunden und einigen festen Unterkünften entlang Atlantik und Mittelmeer ungefähr 8.000 km zurückgelegt (hier geht’s zur genauen Route). Ja, es war eine super Erfahrung. 😊

Kurz vor der Reise habe ich aber einem Spontanimpuls zu einer 6-wöchigen Mastermind mit meiner lieben Business-Kollegin & -Freundin Sindy nachgegeben und eben diese während meiner Reise auf Campingplätzen mit herrlicher Kulisse durchgeführt. Der Inbegriff von digitalem Nomadentum. 😄

5. Monat: Out of Order

Wir sind während der gesamten 8 Wochen wirklich ohne große Zipperlein und Krankheiten durchgekommen. Das ist wohl einer der Vorteile am Zelten in der Natur. In der letzten Nacht hat es dann aber doch im Hals gekratzt und wieder Zuhause hat der positive Test die Befürchtungen bestätigt. Ich war für fast 2 Wochen außer Gefecht gesetzt und der After-Reise-Blues bekam Gesellschaft von körperlichem Unwohlsein und Selbstzweifeln. So schön die Freiheiten bisher waren: Der Gründungszuschuss lief absehbar aus und ich hatte noch keine Ahnung wie es danach weitergehen soll.

Zum Glück habe ich als Coach genug Methoden an der Hand, um Selbstzweifel einigermaßen im Zaum zu halten und mich in einen Zustand zu versetzen, aus dem heraus ich für mich hilfreichere Entscheidungen treffen kann. Ich habe mich mit den Fakten vertraut gemacht, meine Gefühle sortiert und schließlich das Vorhaben, mir eine Honorartätigkeit zu suchen, auf Februar verschoben.

6. Monat: Jahresabschluss

Mir ging es zum Glück wieder besser, sodass ich mich im Dezember wieder in ein paar Ideen stürzen konnte. Zum Jahresende dreht sich bei mir viel um den Jahresabschluss. Dieses Mal habe ich für die Rauhnächte mein Vorgehen dazu über meinem Instagram-Account geteilt und viele schöne Rückmeldungen dazu bekommen. Gleichzeitig diente das auch der Vorbereitung zu den Werbeanzeigen, die ich im Januar geschaltet habe.

7. Monat: Entspannung & Erfolgserlebnisse

Der Januar war wie ein mentaler Reset-Knopf und von ruhiger Entspannung geprägt. Ich hatte viel Zeit für private Vergnügen und gleichzeitig Erfolgserlebnisse mit meinen Werbeanzeigen, die ohne die liebe Martina von Summiteer Marketing nicht möglich gewesen wären.

Parallel bin ich mit den ersten Kunden des Jahres in Intensiv-Coaching-Monate gestartet, in denen sich so tolle Fortschritte in allen Lebensbereichen gezeigt haben.

Obendrauf gab’s Dank Steuererklärung und Verlängerung vom Gründungszuschuss zusätzliche Finanzspritzen.

8. & 9. Monat: mentale Talfahrt

Was das erste Jahr meiner Selbständigkeit wirklich gut zusammenfasst: nach dem harmonischen und entspannten Januar voller Erfolgserlebnisse war der Februar eine mentale Talfahrt. Die Erfolgserlebnisse aus den Anmeldungen für mein 0,- Produkt machten schnell Bekanntschaft mit der Realität: Abmeldungen und eine enttäuschende Öffnungsrate vom Newsletter.

Gleichzeitig wurde mir auch an anderen Stellen bewusst, was so nicht (mehr) funktioniert und dass ich auch ganz schön naiv in die Selbständigkeit (als Coach) gestartet bin. Ich habe nicht die nettesten Selbstgespräche geführt und war wirklich frustriert. So wollte ich das alles nicht. Aber das ist eben auch Selbständigkeit: selbständig (neue) Wege finden.

Es sind aber auch schöne Dinge passiert: Die Honorartätigkeit, die ich mir ab Februar suchen wollte, hat ihren Weg von ganz alleine zu mir gefunden. Seit Mitte Februar arbeite ich auf Honorarbasis als Coach in einem Projekt zur Berufsorientierung für Frauen.

Manchmal zeigen sich die Lösungen erst, wenn man den Weg bereits geht.

10. & 11. Monat: neuer Rückenwind & eine Entscheidung

Neue Wege zeigen sich bei mir sehr oft als spontane Impulse während ich eigentlich was anderes vorhatte. Aber manchmal kommt dabei auch wirklich Schönes raus. So auch mit dem Impuls zu meinem Selbstcoaching “Selbstreflexion in der Natur”. Ich bin ein absoluter Fan von Selbstreflexion und möchte auch als Coach dazu ermutigen, dich da, wo es geht, selbst zu coachen. Wir brauchen nicht bei jeder Entscheidung Hilfe von außen. Wir brauchen nur manchmal die richtigen Methoden, um an die Antworten in uns zu kommen.

Die ersten Kundinnen haben die Selbstreflexion in der Natur schon genau dafür genutzt. Hannahs Erfahrung habe ich in einem Blogartikel zusammengefasst.

Neben meinem ersten digital buchbaren Produkt habe ich mich aber auch dafür entschieden, aus meiner Honorarstelle in eine 20-Stunden-Anstellung zu wechseln. Die Entscheidung war begleitet von Zweifeln, ob ich damit die Freiheit meiner Selbständigkeit aufgebe oder ob ich deswegen jetzt mit meiner Selbständigkeit gescheitert bin. Gleichzeitig habe ich mich ehrlich gefragt, ob eine Entscheidung gegen die Anstellung nicht auch aus meinen Schattenthemen gespeist wird.

Am Ende habe ich mir meine Ängste wirklich genau angeguckt und aus der für mich sinnvollsten Perspektive entschieden: Für die 20-Stunden-Anstellung.

12. Monat: meine Arbeit als Coach

Seit Anfang Juni arbeite ich also 3 Tage die Woche als Coach in einem Projekt für berufliche Orientierung und unterstütze Frauen dabei, neue berufliche Wege zu gehen. Einerseits bereite ich Gruppen-Workshops rund um Berufsorientierung und Persönlichkeitsentwicklung vor. Andererseits begleite ich diese Frauen in 1:1 Coachings auf ihrem Weg. Dabei geht es manchmal um den Wiedereinstieg nach z. B. Burnout. Manchmal darum, im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Oder darum, sich den Traum von der Selbständigkeit zu erfüllen.

Ich bin dankbar für diese Arbeit, bei der ich nicht nur viel Wissen und Unterstützung weitergeben kann, sondern auch selbst viel lerne. Ob für meine eigene Persönlichkeitsentwicklung oder für mein Business.

Parallel nutze ich die anderen Tage, um die im ersten Jahr begonnen Themen und Prozesse zu optimieren. Ob nun SEO für Website und Blog oder beim Marketing und meinen Angeboten. Ich merke, dass ich nach dem vergangenen Jahr über die Phase der bloßen Existenzgründung hinaus gekommen bin und dass sich meine Themen verändern.

Stefanie Gapp Berlin lehnt an einer Wand und lächelt

Mein Fazit nach einem Jahr Selbständigkeit

Eigentlich gibt es gar keinen “richtigen Start” meiner Selbständigkeit. Ich habe schon Jahre vorher den Wunsch danach reifen lassen und Stück für Stück den Weg dafür geebnet. Dazu zählen nicht nur die äußeren Dinge wie Formalitäten. Für mich war es vor allem innere Arbeit. Ich durfte lernen, von der Sicherheit im Außen loszulassen und Sicherheit in mir zu finden. Rückblickend war das wohl der wesentlichste Schritt. Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten haben und auch darauf vertrauen, dass es sich lohnen wird.

Das formale erste Jahr meiner Selbständigkeit war vor allem von Trial und Error geprägt. Viele Dinge habe ich zum ersten Mal gemacht und ich durfte lernen, meine Ansprüche realistisch zu halten. Das erste Mal ist eben das erste Mal und meistens geht’s darum, zu verstehen, wie die Dinge funktionieren. Sich hierbei also das Ziel zu setzen, Erfahrung damit zu sammeln und den Ablauf zu verstehen, ist viel sinnvoller als jedes Mal das Gefühl eines Misserfolgs aushalten zu müssen, weil es nicht sofort die Ergebnisse gebracht hat, die man sich erhofft hat.

Gleichzeitig bin ich auch dankbar dafür, dass ich ein bisschen naiv in meine Selbständigkeit gestartet bin. Ich vergleiche es mit einem neuen Schwarm: Die Anfangszeit ist geprägt von Euphorie und der Angst, ob das wirklich was werden kann. Währenddessen ist es oft schwer auszuhalten, aber hinterher war es die schöne, wilde Zeit. Meine Erkenntnis aus dieser Methapher und meinem ersten Jahr ist deshalb auch: Erst in den darauffolgenden Jahren entscheidet sich, ob man wirklich zusammenpasst und bereit ist, für eine gemeinsame Zukunft zu arbeiten.

Ich für meinen Teil bin mehr als bereit, dieser Liebe eine Chance zu geben und voller Zuversicht ins zweite Jahr zu starten. ❤️

Auf ins nächste Jahr!

Alles Liebe,
Stefanie

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4 Kommentare

  1. Ein toller Blogartikel:) Danke fürs dran teilhaben lassen.

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    • Danke für dein Feedback, Florian. Freut mich, dass er dir gefällt.

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  2. Sehr spannende Einblicke! Danke für die ehrliche Reflexion deines 1. Jahres als Selbständige.

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    • Freut mich, dass dir meine Einblicke gefallen haben. Ich finde, dass ehrliche EInblicke sehr viel mehr bringen als die ich nenn sie mal „vom Marketing bereinigten“. Selbständigkeit mit den pros und Cons zu betrachten, ermöglicht ja vor allem auch wirklich hilfreiche Lösungen zu finden.

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